Resümee unseres Abenteuers:

7 lange Jahre haben wir von dieser Auszeit geträumt und uns darauf vorbereitet. 

Kurz vor der Reise fragte mich ein Geschäftspartner, ob ich schon über die psychologischen Hürden, die eine längere Reise mit sich bringt, nachgedacht hätte. Ich blickte ihn damals etwas verständnislos an. Heute weiß ich, daß das die eigentliche Aufgabe während einer Reise ist. Es war nicht immer einfach zu viert auf engstem Raum unterwegs zu sein. Jeder von uns hat persönlich gute und schlechte Tage, aber jeder mußte mit den Macken des anderen 24 Stunden am Tag zurechtkommen ohne der Möglichkeit, sich auch mal aus dem Weg gehen zu können. Aber wir haben es geschafft. Wir sind in der Zeit seit dem 05. Juli 2019 mittlererweile sehr eng zusammengewachsen und haben gelernt, daß sich jeder von uns in schwierigen Situationen 100 % auf die Anderen verlassen kann.

Unsere Reise fing auf dem Wasser mit der Triton an, ging dann über Land durch die verschiedensten Gebiete unserer Erde weiter und endete leider viel zu schnell und abrupt. 

Im ersten Teil, auf dem Wasser, hatten wir wundervolle menschliche Begegnungen unterwegs oder erfuhren großartige Unterstützung von Daheim. Nach einem schwierigen Start aufgrund von Motorproblemen erlebten wir einen Beinahe-Herzstillstand aufgrund eines nett gemeinten Alarms. Felix kämpfte vehement um das Fortbestehen unserer Auszeit, als wir beiden Großen bereits aufgeben wollten. Schlußendlich navigierte er uns als 14-Jähriger souverän durch eines der schwierigsten Seeverkehrsgebiete Europas. Johanna lernte sich selbständig im Dingi auch in großen Häfen zu bewegen und wurde trotz ihrer zarten Statur zunehmend auch von anderen Seglern als großartige Hilfe bei Anlegemanövern wahrgenommen. Wir standen in Cherbourg vor einer schwierigen Entscheidung und mußten unsere Grenzen erkennen und akzeptieren lernen.

Daraufhin stürzten wir uns zunächst zögernd, später jedoch voller Elan kurzerhand in eine ungeplante Reise um die halbe Welt.

Wir begannen sie in Neuengland und stellten sie unter das Motto: "Was tut man nicht alles, um zu frieren." Besonders werden die allabendlichen Lagerfeuer und die wunderschönen Wanderungen in Erinnerung bleiben. Aber auch der allzu lange nächtliche Weg zu den Sanitäranlagen nach Sonnenuntergang im Schwarzbärengebiet brannte sich in unser Gedächtnis ein. Ein kurzer Zwischenstop in New York City ließ uns staunend auf den Times Square blicken und die quirlige Athmosphäre einatmen.

Wärmesuchend lenkten wir unsere Wege südwärts - zunächst nach Südwest, später nach Südost. Die großartigen Nationalparks des Westens und die Ausritte unserer Kinder bestimmten diese Etappe. Während wir in Moab noch mutig im UTV durch die Wüste rasten, bauten wir in der Wüstenregion Monument Valley einen Schneemann. In die kleine Stadt Wickenburg in Arizona und ihren Wild-West-Charme verliebten wir uns besonders. Die heute verstaubte Stadt Las Vegas erlebten wir vor "Corona" noch als schrille und grelle Glitzermetropole die nie zu schlafen scheint. Im Südosten bewegten wir uns im Rhythmus des Mississippi, tauchten in das Leben auf Zuckerrohr- und Baumwollplantagen ein und schauten während des Home schooling den vorbeifahrenden Schiffen zu. Später wichen wir Alligatoren in Florida aus, die mit ihrem Schwanz auf der Straße lagen. Auch einen Raketenstart erlebten wir und genossen stille Tage auf Key Marathon.

Weiterhin in Richtung Wärme unterwegs verbrachten wir Weihnachten und Silvester auf Curacao mit neuen liebengewonnenen Freunden aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Weihnachten erlebten wir einen Gottesdienst als Feuerwerk an Lebensfreude und Musik als einzige Weiße unter ca. 250 Schwarzen. Silvester feierten wir auf der Pontonbrücke in Willemstad bei karibischen Rhythmen bevor wir zu viert an den Händen halten den Neujahrsmorgen mit einem gemeinsamen Sprung in den Pool in voller Kleidung begrüßten.

Es folgte Patagonien - der besondere Teil unserer Reise: witzige Pinguine, mächtige Gletscher, wunderschöne Wanderungen in weiter Einsamkeit, das Ende der Welt. 

Nach einem sehr speziellen Flughafenerlebnis an einem der kleineren Flughäfen dieser Welt brachen wir auf nach Neuseeland. Wir flohen vor einem nahenden Zyklon, meisterten gemeinsam eine sehr schwierige Situation (Michas Unfall) und lernten liebe Freunde kennen. Die wunderschönen Riesenfarne, die goldgelben Strände des Abel Tasman NP und der schneebedeckte Gipfel des Mt. Cook waren immens beeindruckend. Immer stärker begann "Corona" die abendlichen Gespräche auf den Campgrounds zu beherrschen.

Zuletzt fanden wir auf Tahiti ein Stück des Paradieses, was wir leider jedoch nicht mehr genießen durften. "Corona" schlug mit voller Wucht zu.

Der dritte Teil, nicht gerade der schönste Teil unseres Abenteuers, begann. Wir wurden zu Fliehenden vor den Auswirkungen des Virus und der damit zusammenhängenden Panik. Eine kräftezehrende Woche begann in der wir weder Schlaf noch ausreichend Nahrung fanden. Am Ende erreichten wir unser Zuhause und fühlten uns, als wären wir gerade erst gestern von da aus gestartet.

Jeder von uns hat seine eigenen Grenzen gespürt bzw. ein Stückchen erweitert. Da gab es Micha, der mit ausgekugelter Schulter noch 2 km bis zur nahenden Rettungsstelle unter massiven Schmerzen wandern mußte. Felix hatte sich beim Surfen einmal zu weit nach draußen gewagt und die Wellen schlugen schnell hintereinander über ihm zusammen und er fand den Weg nur schwer heraus. Johanna hatte Angst vor dem Nichtbeherrschen der englischen Sprache und merkte dennoch, daß sie sich schnell verständigen konnte bzw. verstehen lernte. Wir lernten, daß man vieles erreichen kann, wenn man will und darum kämpft. Wir verinnerlichten aber auch mit dem zufrieden zu sein, was man hat, wenn man die Gegebenheiten nicht ändern kann. Felix und Johanna wuchsen in dieser Zeit zu weltoffenen Menschen heran, die keine Scheu vor dem Unbekannten haben und das Reisen sowie das Entdecken von Neuem in ihr Leben integrieren wollen. 

Wir lernten unglaublich viele interessante Menschen kennen mit denen wir teilweise auch weiterhin in Kontakt bleiben. Da waren zum Beispiel die Fernwanderer die allein monatelang entlang des 3000 km langen Wanderweges durch Neuseeland gehen. Auch trafen wir zum Beispiel einen Radfahrer, der Neuseeland komplett per Fahrrad quert, um anschließend seine Tour in Kambodscha fortzusetzen und dort bei einem internationalen Hausbauprojekt aus recycelten Materialien zu unterstützen. Ein Alleinreisender kam gerade nach längerem Iranaufenthalt und wundervollen menschlichen Begegnungen in diesem Land über eine längere Wanderung in Nepal nach Neuseeland, mit dem Ziel einen Teil seines zukünftigen Lebens im Iran zu verbringen. Besonders beeindruckten uns auch die Radfahrer entlang der Carreterra Austral, die sich von den vorbeiziehenden Autos eindieseln ließen und sich nur über Mund-/ Nasen- und Augenschutz noch "retten" konnten und trotzdem jeden Tag neu auf ihre Räder stiegen. Die unermüdlichen Tramper in Patagonien wußten oftmals nicht, ob sie eine Mitfahrgelegenheit zum eigentlich gewünschten Zielort fanden, aber jeden Tag erneut darauf vertrauten, die unglaubliche Schönheit dieser speziellen Gegend dort genießen zu können, wo sie das nächste Auto absetzte. Ein Koch, der eigentlich Tourguide war und als Küchenchef wahre Wunder zauberte. Voll Freude präsentierte er landestypische Küche. In Curacao begeisterten uns eher die Einheimischen selbst, die trotz sichtbarer Armut voller Lebensfreude waren und jeden Tag auf ihre Art und Weise feierten. Auch lernten wir in Curacao ein Ehepaar kennen, die ganz aus unserer Nähe kommen und sich nun auf ein neues Leben in Curacao vorbereiten. In den USA lernten wir die extremen Unterschiede zwischen arm und reich in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander kennen und ein daraus resultierendes großes Hilfs- und Spendenangebot.

Überall erfuhren wir starke Gastfreundschaft und Unterstützung. Besonders sind uns die 4 jungen Menschen im Gedächtnis, die uns nach Michas Unfall halfen. Zwei von Ihnen rannten bis zur Erschöpfung, um professionelle Hilfe zu organisieren. Die anderen Beiden begleiteten uns, um sofort zu Stelle zu sein, falls Micha einen Schock bekäme. Besonders erwähnen und bedanken wollen wir uns aber vor allem für die professionelle Hilfe bei der Vorbereitung und Durchführung unserer Reise bei den Menschen unserer Firma Mafrino. Danke!

Wir fanden Freunde, die uns teilweise ein Stück des Weges begleiteten oder die immer wieder unseren Weg kreuzten. Auch über den Blog entdeckten wir alte Bekannte neu und konnten auf die Unterstützung unserer Familien vertrauen. 

Wir werden wieder neu zu träumen beginnen. 

 

Liebe Blogleser,

Eure/ Ihren vielen Zuschriften während unseres Weges haben uns stets aufgemuntert. Gerade in der letzten Zeit schafften wir es nicht mehr, auf alle Zuschriften zu reagieren. Dennoch freuten wir uns über jede einzelne Reaktion. Unsere Blogleserschaft wuchs von Monat zu Monat an, worüber wir uns riesig freuten. Wir hoffen mit der regelmäßigen oder unregelmäßigen Lektüre einige nette Momente des Mitfieberns, Mitlachens und des eigenen Träumens geschaffen zu haben.

Nun wünschen wir allen, gesund und sicher durch diese aktuell schweren Zeiten zu kommen. 

Eure/ Ihre Familie Truschka

24.03.2020 Middelburg, Niederlande -> Nossen, Deutschland

In der Nacht erhielten wir eine Info von Michas Segelfreund aus den Niederlanden, daß wir uns schnellstmöglich in Richtung Deutschland aufmachen sollten. Es würde über Schließung der Grenzen nachgedacht. Und wieder waren wir Fliehende. Den Unterkunftswirt bat ich um ein sehr zeitiges Frühstück. Und so kam es, das wir seit Aufbruch in Tahiti die erste Nacht länger als 3,5 Stunden geschlafen hatten und das erste richtige Frühstück uns erwartete. 

Wir packten noch unser Mietauto mit Dingen von der Trition voll, sodaß keine Bewegungsfähigkeit mehr während der Fahrt gegeben war und starteten die endgültige Heimreise. Gegen 19.00 Uhr erreichten wir Nossen. Unsere 14 tägige Selbstisolierung beginnt.

23.03.2020 JFK Airport New York City, New York -> Middelburg, Niederlande

07.20 Uhr landeten wir wieder in Europa. Bevor wir an dem einzig offenen Imbissstand im Außenbereich des Schipol-Flughafens noch schnell die letzten verfügbaren Baguettes kauften, mieteten wir ein Mietauto mit Rückgabe in Dresden an. Wir brauchten nun dringend eine große Mütze Schlaf. Die Niederlande empfing uns mit blühenden Tulpen und Narzissen am Strassenrand und blauem Himmel. Die Straßen waren gut gefüllt mit Autos und wir richteten unseren Blick zunächst gen Westen. Da unsere Betten und Töpfe und einiges mehr noch auf der Triton waren und wir uns nun eh in der Nähe vom derzeitigen Liegeplatz aufhielten, fuhren wir nach Middelburg. Ich hatte noch schnell eine Unterkunft in einem schönen alten Bürgerhaus mit hohen Räumen und Stuckdecken organisiert. Hier konnte sich die Seele von den letzten Tagen erholen! Meine Familie forderte eine weitere Verlängerungsnacht und einen Tag Putzeinsatz auf der Triton. Ich war jedoch einfach nur viel zu müde, um das zu organisieren. 

21.03.2020 Salt Lake City, Utah -> 22.03.2020 JFK Airport New York City, New York

Gegen 4.00 Uhr weckte mich Micha, wir setzten uns auf den Badewannenrand im Badezimmer, um die Kinder nicht zu stören und diskutierten und diskutierten, was die richtige Vorgehensweise sei. Gegen 5.30 Uhr buchte ich einen Flug für 11.20 Uhr ab Salt Lake City via Calgary nach Amsterdam. Alles, was nach Deutschland fliegt, war einfach unbezahlbar teuer geworden. Und von Amsterdam aus könnten wir ja vielleicht ein Mietauto oder den Zug nach D nehmen.

Wir weckten die Kinder und vergossen zu viert ein Meer an Tränen über dieses Ende unserer Reise. Irgendwie schafften wir es, 7.20 Uhr nach Autorückgabe am Check In in Salt Lake City zu stehen. Die Dame am Schalter konnte uns allerding keine Tickets ausstellen, da Kanada die Grenzen geschlossen hatte und auch keine Transitpassagiere zuließ. Die einzige Möglichkeit, die sie uns anbieten konnte, war eine kostenneutrale Umbuchung auf einen Flug 23.30 Uhr via New York City nach Amsterdam. Wir willigten ein.

Während der Diskussions- und Wartezeit war ich kaum noch ansprechbar. Ich konnte nicht mehr – völlige Erschöpfung. Als alles geklärt war, nahmen wir den erstbesten Hotel-/ Motelshuttle, der gerade vorbeifuhr und ließen uns zu einem anderen Flughafenmotel bringen. Während meine Familie noch ca. 4 h schlief, fand ich keinen Schlaf. Micha bat mich inständig, jetzt nicht schlapp zu machen, sondern noch bis ins Flugzeug nach Amsterdam durchzuhalten. Johanna bereitete mir Bronchialtee und Felix nahm ab sofort meine Organisationsposition ein.

Gegen 20.15 Uhr fuhren wir wieder per Shuttle zum Flughafen und bettelten den Schalterbeamten unser Gepäck schon bis Amsterdam durchchecken zu können, was auch gelang. Normalerweise kann wohl Gepäck nur durchgecheckt werden, wenn die Transitzeit im Zwischenflughafen max. 6 Stunden beträgt. Unsere Wartezeit am JFK sollte 13 h sein. Im Flugzeug nach NYC versuchte ich irgendwie ein bisschen Schlaf zu erhaschen. Am Ende des Fluges verabschiedete mich die Stewardess „Hope you can rest a bit now.“ Die erste Etappe war geschafft!

Nun begann die 13 stündige Wartezeit im JFK-Flughafen. Davor graute mir in meinem jetzigen Zustand am meisten. Aber Felix und Micha organisierten ein direkt an Terminal 5 gelegenes Airporthotel für uns, was wir zu Fuß und per AirTrain erreichen konnten. Im Hotel wurden wir gefragt, in welchem Zeitfenster wir mieten wollten. 4 oder 6 Stunden wurden angeboten. Wir waren zwar noch nie in einem „Stundenhotel“ abgestiegen, aber in meinem jetzigen Zustand war mir alles egal. Endlich 3,5 h Schlaf am Stück! Nach dem Aufwachen, was hier ein sehr lautes Staubsaugergeräusch aus dem Nebenzimmer verursachte, fühlte ich mich zwar unendlich traurig, aber fast wie neugeboren. Der letzte Teil unseres Fluges mit Start 19.00 Uhr kann nun beginnen.

Wir aßen noch schnell 4 Bagel im Hotelfoyer und schauten uns erstmal richtig um. Das Hotel war ein Flughafenterminal komplett im Stil der 60er Jahr erbaut. Es stimmte einfach alles. Einige Parkplätze draussen und im Foyer wurden von „alten“ Autos belegt (amerikanische Schlitten, Isetta, ein alter VW-Bus,…). Der Hotel Check In sowie das Restaurant waren Flughafen Check Ins nachempfunden. Es stimmte einfach alles. Wenn auch skuril, so war das unsere schönste Unterkunft der USA. Jetzt sitzen wir am Gate B24 eines doch recht belebten JFK und warten auf das Boarding.

20.03.2020 San Francisco, Kalifornien -> Salt Lake City, Utah

Völlig übermüdet stiegen wir heute früh in San Francisco aus. Der Flughafen war wie leergefegt. Nach Gepäckausgabe, Zoll und Immigration stellten wir uns noch im Bereich des Überganges zu Anschlußflügen in eine Ecke, studierten den Abflugplan und buchten kurzfristig für 14.27 Uhr einen Flug nach Salt Lake City. Wir brauchten dringend ein Bett, um irgendwo diese Nacht schlafen zu können. Die Wartezeit auf den zweistündigen Nachmittagsflug verbrachten wir im Flughafenbistro, wo gerade von jedem zweiten Tisch die Stühle entfernt wurden, um mehr Freiraum/ Abstand zwischen den Gästen zu schaffen. In Salt Lake City gibt es derzeit noch keine Ausgangssperre und wir hoffen hier erstmal auftanken zu können, bevor die nächsten Entscheidungen anstehen. Übrigens erfuhren wir in der Zwischenzeit, daß in New York der Ausnahmezustand verhängt wurde.

Als wir in Salt Lake City ankamen, mieteten wir uns zunächst ein Auto, um flexibel zu sein und suchten gleich das erstbeste Flughafenmotel auf. Die Straßen waren nahezu menschen-/ autoleer – gespenstisch. Auf Nachfrage, wo es denn hier in der Nähe ein Restaurant gäbe, erhielten wir die Auskunft, daß in Utah alle Restaurant geschlossen seien und man nur noch einen Lieferservice bestellen könnte. Für heute ist auch das egal – wir orderten eine Pizza. Während der schreibe ich unsere Erinnerungen an die vergangen Tage auf, Micha versucht bereits zum x-ten Mal uns in die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes einzutragen und die Kinder gucken Youtube. Die Pizza wurde uns vors Zimmer gelegt und nach dem Klopfen des Lieferservices an der Tür, ging dieser auf Abstand. Aber die in den USA unvermeidliche Frage nach Tip wurde dennoch gestellt. Auf dem Bett sitzend aßen wir dann die Pizza ohne Besteck oder Teller. Das ist keine Lösung, so die nächsten Tage zu verbringen. Auch ein amerikanisches Frühstück sollte es nicht mehr in den Motels geben. Es wird eine Art Theke mit Personal angeboten, wo man aus der üblichen „reichhaltigen“ Auswahl bestellen kann, um dann mit seinem gefüllten Teller wieder auf der Bettkante zu sitzen.

19.03.2020 Papeete, Tahiti -> 20.03.2020 San Francisco, Kalifornien/ USA

Bis gegen 2.00 Uhr saßen wir zu viert noch im Hotelzimmer wach am Rechner und versuchten ein Flug raus aus Tahiti zu buchen. Kaum hatten wir eine Möglichkeit gefunden, nach Neuseeland oder Australien auszufliegen, meldete das Auswärtige Amt eine Grenzschließung ab Mitternacht. Auf ein Neues! Kurz überlegten wir, über Tokyo nach Finnland zu fliegen, um dann dort weiterzusehen. Aber was machen wir, wenn Finnair die Maschine von Tokyo nach Helsinki storniert? Wir sitzen in einem zwar sehr hochentwickelten Land mit einem guten Gesundheitswesen fest, können uns jedoch nicht verständigen und sind dazu noch im asiatischen Raum, wo man momentan vielleicht nicht unbedingt sein sollte.

Zu guter Letzt fand ich eine Möglichkeit für heute 21.40 Uhr nach San Francisco zu fliegen. Um einen Weiterflug traute ich mich nicht zu kümmern, da wir seit wir in Tahiti sind alle vier kaum schliefen und nun eine weitere schlaflose Nacht bevorsteht. Also erstmal Zwischenstopp in San Francisco, Luft holen und danach mit etwas klarerem Verstand weitersehen.

Gegen 10.00 Uhr stürzten wir nach einer weiteren schlaflosen Nacht noch schnell zum Frühstück. Danach bat ich meine Familie, jetzt wo das Verlassen von Tahiti durchgebucht ist, wenigstens mal einen kurzen Blick auf die Insel werfen zu können. So buchten wir für 4 h ein Taxi und ließen uns über die Insel fahren. Tahiti besteht aus Tahiti Nui und Tahiti Iti. Wobei Nui – die Große und Iti – die Kleine bedeutet. Für Tahiti Iti hatten wir keine Zeit, aber Tahiti Nui umrundeten wir. Aber gleich beim ersten Stop an einem Brotfruchtbaum, stellte ich fest, daß der Akku meiner Kamera leer war und der Ersatzakku noch im Hotel lag. Und das, wo ich doch so gern fotographiere! Naja, da gab es nichts mehr zu ändern, dann mußte eben das Handy herhalten, wobei mir diese Art der Fotographie überhaupt keinen Spaß macht. Weitere Stops waren dann:

- ein Blow hole, wo der Ozean laut heulend seine Gewalt verkündete, bevor er sich durch ein ca. 50 cm großes Loch im Felsen quetscht

- einer der wenigen Strandabschnitte Tahitis, da die Insel meist Steilküste aufweist, von wo aus sich ein schöner Blick auf das Außenriff eröffnete

- ein wunderschöner kleiner botanischer Garten, der aufgrund der Corona-Krise ab morgen geschlossen werden soll

- unzählige Vodafone-Trees, die wir erst auf den den zweiten Blick wirklich erkannten (Ein Vodafone-Tree ist der liebevolle Begriff der Einheimischen für einen als palme verkleideten sendemasten.)

- „heilige“ Flußaale, von teils beachtlicher Größe, die nicht gegessen werden dürfen und sich gern mit Dosenthunfisch anfüttern lassen

und

- eine alte Tempelanlage, wo es vor der Christianisierung der Insel noch zu Menschenopfern kam. Um die Tahitianer durch die Missionare zu einem Umdenken ihres Glaubens zu bewegen, predigten die Missionare in einer Hand die Bibel haltend, während die andere ein Gewehr umschloß. Heute sind die Protestanten die größte Glaubensgemeinschaft von Tahiti, gefolgt von Mormonen und Katholiken.

Obwohl wir alle völlig übermüdet im Taxi saßen und die Tour nur halb genießen konnten, bin ich sehr sehr glücklich, wenigstens diesen Miniausflug auf Tahiti gehabt zu haben. Wir bekamen eine Ahnung davon, was Südsee bedeutet. Dennoch sollen die anderen zum französisch polynesischen Inselarchipel gehörenden Inseln noch viel schöner sein. Leider bleibt uns dazu aber keine Zeit.

Da ja jetzt alle Touristen die Inselwelt binnen der nächsten 3-4 Tage verlassen müssen, waren wir vier wohl die vorerst Letzten, denen Moana, unser Fahrer, seine Heimat zeigen durfte. Er tat das mit sehr viel Freude und Stolz. Dennoch war auch seine Stimmung sehr getrübt, denn auf ihn wartet ab Montag die Arbeitslosigkeit ohne finanzielle Unterstützung. Tahiti lebt an erster Stelle vom Tourismus. Wenn aber kein Tourist mehr auf der Insel ist, bricht damit die Haupteinnahmequelle der Insel und ihrer Menschen komplett zusammen. Dieser Einbruch kann weder durch das Perlengeschäft noch durch die Pflegeölproduktion aufgefangen werden. Einige in öffentlichen Bereichen arbeitende Menschen, wie medizinisches Personal oder Lehrer werden direkt von Frankreich bezahlt und bekommen auch während der Schließung öffentlicher Einrichtungen Geld. Aber das sind nur Wenige.

Als wir 16.00 Uhr von unserem Ausflug in die Schönheit Tahitis zurückkehrten, hieß es noch Koffer packen, um bereits 18.00 Uhr wieder zum Flughafen zu fahren. 3 h vor Abflug sollten wir dort sein. Bei all unseren Flügen waren wir noch nie 3 h vor Abflug am Flughafen, sondern immer nur 2 h vorher. Dazu war der Airport Faaa wirklich sehr klein. Aber es sollte schon richtig sein, uns 3 Stunden vor Abflug dorthin zu bitten. Der ganze Flughafen erschien nahezu überfüllt vom Passagierandrang der einzigen Maschine, die abflog. Als wir nach ca. 1 Stunde Anstehen am Check In endlich dran waren, kam wieder das, was kommen mußte: Der Bodensteward verlangte von uns nicht nur ein Flugticket in die USA, sondern auch wieder aus den USA heraus zu sehen. Natürlich hatten wir keins. Es hatte eh schon bis nachts 2.00 Uhr gedauert, einen bezahlbaren Flug aus Tahiti heraus zu finden. Und bei unserem vorherigen USA-Aufenthalt gab es diese Anforderung aufgrund unseres besonderen Visums auch nicht. Ok, der Flughafen Faaa bot 30 min Internetverfügbarkeit. Nicht gerade viel, um unter den jetzigen Bedingungen einen Flug aus den USA heraus zu finden. Nach 2 Fehlversuchen gelang mir eine Buchung ausgehend von New York. Wie wir dahin kommen sollten, machte ich mir zunächst keine Gedanken. Glücklich mit Flugtickets auf dem Handy stellten wir uns wieder am Check In an. Aber bevor uns der Schalterbeamte die Tickets von Tahiti nach San Francisco ausstellen konnte, benötigte er noch eine Adresse von uns, wo wir in den USA zunächst bleiben würden. Darum wollte ich mich eigentlich in Ruhe vorm Abflug in der Wartehalle kümmern. Unsere 30 min Internetverfügbarkeit pro Emailadresse/ Gerät und Monat waren bereits bei der Flugbuchung nach Hause weg. Voller Mitleid gab uns der Mann hinter dem Tresen seinen eigenen Hotspot, um ein Hotel in San Francisco buchen zu können. Na, wenigstens das klappte gleich beim ersten Anlauf.

Endlich hielten wir die Flugtickets in der Hand und begaben uns zum Sicherheitscheck. Auch dort erwartete uns eine lange Schlange und so passierte es wieder, daß wir nach dem Sicherheitscheck gerade noch 5 Minuten Zeit hatten, bevor wir ins Flugzeug steigen sollten. Und in genau diesen 5 Minuten erfuhren wir, daß Kalifornien ab Mitternacht Ausgangssperre verordnet hat. Wir sollten gegen 8.00 Uhr in Kalifornien landen.

Während des Fluges überlegten wir fieberhaft, was wir nun am Ziel tun sollten – uns in die Ausgangssperre fügen oder einen Anschlußflug aus Kalifornien raus buchen? Wir hatten wiederholt eine schlaflose Nacht vor uns und fühlen uns nicht wirklich fähig, einen weiteren Flug anzutreten.

18.03.2020 Papeete, Tahiti

Liebe Blogleser,

heute wird vorerst der letzte Blogeintrag erfolgen. Nachdem wir gestern noch himmelhoch jauchzend hofften die hiesige Inselwelt zu erkunden, wurde uns heute die Weiterreise verwehrt. Uns wurde erklärt, schnellstmöglich die Insel verlassen zu müssen. Seit wir hier angekommen sind, sitzen Micha und ich nahezu ausschließlich an Computer und Handy um die aktuelle Lage zu erkunden. Unsere Stimmungsschwankungen sind extrem. Die Gedanken sind ständig zu Hause sowie bei unserer persönlichen Situation. Ich schaffe es derzeit einfach nicht, auch noch Kraft in das Schreiben des Blogs zu investieren. Das Eroieren bzw. die Organisation und 100 %ig folgende notwendige Umorganisation der verschiedensten Alternativen ist sehr stark kräftezehrend, sodaß derzeit kaum noch Zeit für Familie bleibt. Aber genau aus diesem Grund, um intensiv Zeit für uns vier als Familie zu haben, sind wir in unser ganz privates Abenteuer gestartet.

Bis zur nächsten Meldung, die hoffentlich irgendwann wieder erfolgen wird, wünsche ich Euch/ Ihnen allen, gesund und sicher durch diese schwierigen Zeiten zu kommen.

17.03.2020 Papeete, Tahiti

Beobachtungen Micha: Es ist wie in einem Action-Film, der in einer Bananenrepublik spielt. Das letzte Hotel ist Sammelbecken von Wenigen, wie Geheimagenten, Spielern, einigen Einheimischen, den letzten Touristen, ein paar Geschäftsreisenden und Gestrandeten. Alle, obwohl untereinander nicht bekannt, sind in ständigem Kontakt, um sich neueste Infos auszutauschen. Keiner weiß, wie es weitergehen soll. Und die Granateneinschläge der Rebellen kommen hörbar näher und näher. Man weiß nur eins, eigentlich fühlt man sich hier wohl, keiner will das Paradies, weshalb er hier ist, verlassen. Aber die Rebellen stehen schon kurz vorm Flughafen. Nur noch ein alter abgetakelter Militärpilot hat im Dschungel noch eine alte Cessna mit 20 Sitzen und verkauft die Plätze zu Höchstpreisen. Und die wenigen Kinder in diesem Thriller haben keinen blassen Schimmer, was gerade passiert bzw. was sie in der Heimat ihrer Eltern erwartet. Denn dort bricht die Demokratie gerade zusammen.

Blog Anke: Wenn schon Rausschmiss aus der Südsee, dann wollten wir wenigstens den letzten Tag hier noch ein bißchen zur Entdeckung nutzen, nachdem ich wieder Stunden um Stunden am Internet saß, um Stornierungsrückfragen zu beantworten bzw. die Situation zu beobachten. Nach einem ausführlichen Poolvormittag, nutzten wir einen Shuttleservice zum Markt von Papeete. Auch dort war die Stimmung düster und traurig. Bereits ab 14.00 Uhr abgedeckte bzw. geschlossene Marktstände - die Kreuzfahrttouristen bleiben aus. Da habe ich mir noch nicht einmal getraut, den Pareo für Johanna zu verhandeln. Die Verkäufer ringen derzeit unter einfachsten Bedingungen an ihren Marktständen um jeden kleinen Betrag. Die Angst vor der Zukunft scheint jedem ins Gesicht geschrieben. Normalerweise waren wohl um diese Uhrzeit Heerscharen von Kreuzfahrern als Kunden an ihren Ständen.

Kaum das wir das Hotel bei Rückkunft wieder betraten, wartete schon der Hotelmanager auf mich und erklärte mir, daß es eine Neuigkeit gäbe. Die Regelung des Ausweisens gelte nur für Neueinreisende seit gestern. Da wir aber bereits seit vorgestern hier sind, können wir uns im Raum Französisch-Polynesien frei bewegen. Das heißt, es wartet ab morgen keine Quarantänesituation auf uns. Stattdessen dürfen wir die Inselwelt erkunden. Wir konnten unser Glück kaum fassen.

Die Kinder hatten sich seelisch und moralisch schon auf 14 Tage Intensiv-home schooling während der Selbstisolation eingerichtet. Felix hat seit kurzem eine Lernunterstützungssoftware gefunden und ist nun kaum noch zu halten. Nun muß er nicht eingeschlossen in einem kleinen Hotelzimmer lernen, während wir uns wahrscheinlich alle auf die Nerven gegangen wären, sondern er darf dabei die Südsee spüren. Johanna freut sich unbändig auf bunte Fische und ist komplett aufgeregt. Da wir beiden Mädels immer zusammen unsere Unterkünfte aussuchen, freut sie sich besonderes auf das, was kommen wird.

Nun hoffen wir, das wir morgen nicht wiederum neue Nachrichten erhalten, die vielleicht doch noch unserer Weiterreise in dieser Gegend im Wege stehen.

Eigentlich stand die Südsee nie wirklich auf unserem Reiseplan. Tahiti bot jedoch die einzige Möglichkeit, außer Santiago de Chile, auf die Osterinsel zu kommen. Und da die 12,5 Stunden Flugzeit von Santiago nach Auckland doch ganz schön hart waren, konnten wir mit der Kombination Tahiti und Easter Island die Rückflugzeit nach Santiago unterbrechen. Und die Osterinsel galt eh als völlig abgelegenes Reiseziel ganz weit im Hinterkopf. Mittlererweile mußten wir jedoch aufgrund Corona unsere Pläne für Südamerika verwerfen und werden nun vorerst in Ozeanien bleiben, bis uns island time und Hitze zu schwerfällig machen. 

16.03.2020 Papeete, Tahiti

Kaum waren wir im Paradies angekommen, bat uns der Hotelmanager auch schon wieder, das Land zu verlassen. Alle Touristen werden wegen der Corona-Pandemie  schnellstmöglich des Landes verwiesen. Wir erfuhren davon gegen Mittag. Unsere Stimmung war komplett am Boden. Die Natur ist so wunderschön hier und wir dürfen nur einen Hauch dessen erahnen, um sofort in den nächsten Flieger zu steigen, um einer Quarantäne anzukommen.

Ich verbrachte nahezu den gesamten Nachmittag im Zimmer und stornierte bzw. suchte nach neuen Zielen, immer die Seiten des auswärtigen Amtes im Blick, und beantragte Visa (sicherheitshalber gleich mehrere). Draussen rauschte das Meer, die Temperatur trieb einen leichten Schweißfilm auf die Haut und bei mir rannen die Tränen. 

Sobald Felix und Johanna das Zimmer betraten versuchten sie uns Mut zu machen, daß sich schon alles irgendwie lösen würde. Felix ist in den letzten 2 Tagen über sich hinausgewachsen.

Ein winzig kleiner Strandspaziergang mußte aber am späten Abend bei vollständiger Dunkelheit noch sein. Wenigstens nochmal Pazifikwasser an den Füßen spüren.

16.03.2020 Auckland, NZ -> 15.03.2020 Papeete, Tahiti

"Morgen waren wir in Auckland und heute landeten wir in Papeete": Liebe Deutsch-Enthiusiasten unter unseren Bloglesern, was für eine Zeitform ist das denn? Und dennoch erlebten wir es genauso: zurück aus der Zukunft. Bislang waren wir rein datumsmäßig den Daheimgebliebenen einen Tag voraus, nun sind wir wieder up to date. Da wir zum zweiten Mal die Datumsgrenze überquerten, erhielten wir unseren fehlenden Tag im Lebenslauf zurück.

Mit stark zweifelnden Gedanken, nicht vielleicht doch in Neuseeland wegen Corona zu stranden, fuhren wir heute früh zunächst erstmal zum Flughafen, um mit anderen Reisenden zu sprechen und sich auszutauschen. Der Flughafen war zwar nicht gähnend leer, dennoch aber stark unterausgelastet. Auf dem Weg zum Gate kamen wir uns unterwegs nahezu verloren vor, sämtliche Duty free shops warben um die wenigen Passagiere. Nach einigen Nachfragen bei Air New Zealand, entschieden wir doch, zu unserem nächsten Ziel Südsee aufzubrechen. Das Flugzeug nach Tahiti, eine Boeing 787-9, war mit relativ wenigen Fluggästen besetzt.

Im Landeanflug ergatterte ich noch ungeplant einen zweiten Fensterplatz für unsere Familie. Dabei waren dann nach 4,5 h Flug sämtliche Bedenken vergessen.

Wir sind im Paradies angekommen. Zumindest empfingen uns Wetter (blauer Himmel, Sonnenschein und weiße Haufenwolken), Temperatur (ungewohnt heiß), Musik und Landschaft hier so. Gleich im Flughafengebäude spielte eine 3 köpfige Band für die Ankommenden auf.

Da wir ja nicht allzuviele Gäste waren, gingen Medizin-, Zoll-, Paß- und Biokontrolle schnell. Nach Verlassen des sehr überschaubaren Flughafengebäudes sorgte die Außentemperatur für Schweißausbrüche, da wir wie immer in etwas dickeren Sachen unterwegs waren, um das Koffergewicht im Griff zu behalten.

Nach ca. 30 min Taxifahrt mit einer etwas älteren Südseeschönheit erreichten wir unsere Unterkunft und stürzten uns in die Pazifikwellen am schwarzen Strand.

15.03.2020 Red Beach/ Orewa, NZ -> Auckland, NZ

Rückgabe unserer "Kiste" beim Vermieter in Auckland mit einem lachenden und weinenden Auge 

Leider ist unsere Zeit in Neuseeland nun beendet. Wir haben lange gebraucht, die Schönheit der Insel zu erkennen, da wir noch lange Patagonien vor Augen hatten, aber irgendwann erschien uns diese Insel hier mit jedem Tag reizvoller und überraschender. Wir verbrachten wunderschöne und bange (Schulter Michael) Stunden hier. Noch eine Nacht im Flughafenhotel und dann geht sie weiter, unsere Reise.

Wohin es morgen geht, wissen wir noch nicht richtig. Normalerweise sind die nächsten 5 Flüge und drei Unterkünfte schon gebucht, aber Corona hat unsere Pläne fest im Würgegriff. Seit wir die Weiterreise stark mit anderen Reisenden diskutieren oder in den einschlägigen Medien nachschauen, kommen immer wieder Zweifel auf, welche Länder man noch erreichen kann und welche Länder bereits Einreisebeschränkungen erlassen haben. Wie werden wir morgen handeln? Mit bangen Gedanken schlafen wir ein.

14.03.2020 Hot Water Beach, NZ -> Red Beach/ Orewa, NZ

Fahrtag

Abschied von der Familie von Felix' Freund mit den gegenseitigen Wünschen für eine sichere und gesunde Weiterreise. Schon komisch, was die Corona-Panik weltweit anstellt. Unter uns Reisenden geht es derzeit ständig um die geplante Weiterreise und sämtliche verfügbaren Informationen zu den unterschiedlichsten Destinationen. Jeder bangt und hofft, daß er seine jahrelang geplante oder erträumte Reise weiterführen kann. Heute erhielt ich die Nachricht einer Familie, die gerade in Australien sind, dass es derzeit einzig Sinn macht, zu überlegen, wo man "stranden" will. Sämtliche Pläne geraten durcheinander. Mal sehn, ob es bei uns mehr oder weniger strukturiert weitergeht, oder ob wir auch irgendwo demnächst "stranden werden".

13.03.2020 Hot Water Beach, NZ

Da Felix hier bereits in den letzten Tagen einen Freund gefunden hatte, sind wir auch heute wieder in Hot Water Beach geblieben. Am Nachmittag wollten die beiden Jungs mit Johanna und dem Surflehrer nochmal Surfunterricht nehmen, sodaß wir den Morgen mal wieder mit home schooling verbrachten. Kaum betraten wir den Strandzugang sahen wir ganz nah eine Delfinschule in die Brandungswelle springen.

Und dann ging es ab 14.00 Uhr für die 3 Surfer raus in die Wellen, die heute mächtig hoch waren.

Da morgen nun tatsächlich unsere Zeit in Hot Water Beach beendet ist und es damit keinen weiteren Surfunterricht hier geben kann, wurden unsere Zwei von ihrem Lehrer verabschiedet: "See you soon in the big waves."

12.03.2020 Hot Water Beach, NZ

Oh, heute war wieder zeitiges Aufstehen angesagt.

Unser nächstes Ziel hat bislang keinen Corona-Virus-Fall. Die Regierung dieses Landes will auch, das das so bleibt und verpflichtet alle Einreisenden, ein Gesundheitszertifikat bei Einreise vorzulegen. Dieses darf nicht älter als 5 Tage sein, was für alle Einreisen ab 10.03.2020 festgelegt wurde. Nun war es gar nicht so einfach, hier „schnell mal“ einen Arzt zu finden, der ein solches Zertifikat ausstellen könnte. Und da wir ja in das nächste Land nur einreisen dürfen, wenn wir auch wieder eine Ausreise nachweisen, hängen für uns 2 größere Flüge daran.

Noch vor der eigentlichen Praxisöffnungszeit ließ uns ein hier ansässiger Arzt vorsprechen. Nur leider teilte er uns mit, das man dieses Virus nicht wirklich im Vorfeld nachweisen kann (und falls er über Blutproben nachweisbar wäre, hätte das zu lang gedauert). Er bescheinigte uns unseren aktuellen Gesundheitszustand und wir müssen hoffen, das das ausreichend ist.

Wenn wir nun schon mal so zeitig unterwegs waren, frühstückten wir in einem Cafe des Ortes und warteten auf den Beginn der Ladenöffnungszeiten: Es war wieder einmal Friseurtermin zu viert angesagt (3 x radikaler Schnitt und 1 x leichtes Kürzen).

Als wir danach wieder auf dem Campground am Hot Water Beach eintrafen, hörten wir einen Riesenfreudenschrei von Johannas Freundin. Wir hatten uns bereits gestern Abend verabschiedet, da diese Familie heute weiterziehen wollte und wir ja bereits sehr früh aufbrechen mussten. So wie Johannas Freundin ging, fand Felix einen Freund, mit dem er sofort den Rest des Tages verbrachte.

Wir Drei fuhren ohne Felix nach Hahei, um eine 3 stündige Wanderung zur Cathedral Cove zu unternehmen – einem Felsendurchgang an der Steilküste, den man bei Ebbe queren kann mit schönen Buchten zu beiden Seiten. Als wir da waren, schauten wir ein Weilchen den Kanutouristen zu, die von ihren Kanuguides samt Boot kontrolliert über die Brandungswelle ins Meer gezogen wurden.

11.03.2020 Hot Water Beach, NZ

Heute passierte dass, worauf, glaube ich, nahezu jeder Blogger irgendwann hofft: Als wir unsere Beiden heute wieder zur Surfschule brachten, wurde ich angesprochen, ob ich denn die Anke von Leinenloszuviert sei. Voller Erstaunen drehte ich mich um, vor mir stand eine Nichte meiner Tante, die ebenfalls hier in Neuseeland Urlaub macht und unseren Blog verfolgt. Das war tatsächlich ein total witziges Treffen. Danke an Kerstin und Michael sowie an Irmtraud und Arnd

2. Surfstunde mit anschließendem Spa-Aufenthalt am Strand:

10.03.2020 Hot Water Beach, NZ

Heute erfüllten wir Felix einen innigen Wunsch. Seit wir die Surfer in Kalifornien beobachtet hatten, wollte Felix das Wellenreiten erlernen. Damals war die Zeit am Strand in Laguna Beach zu kurz, um wenigstens ein Bodyboard auszuleihen und eine Surfschule gab es vor Ort nicht. Seit wir nun neuseeländischen Boden betreten hatten, wünschte er sich immer wieder, hier das Surfen zu erlernen.

Heute war es nun soweit. Johanna und ihre Freundin machten mit und so meldeten wir die Drei bei einem Surflehrer an. Bei Niedrigwasser in Neoprenanzügen sollte es losgehen. Schon nach kurzer Zeit wurden die Wellen immer höher und höher. Johanna stand als Erste auf dem Board und ritt die auslaufenden Wellen ab. Felix hatte zunächst Probleme mit seinem zu kleinen Board. Er brauchte ein Größeres. Nachdem es der Surflehrer getauscht hatte, gelang es ihm bis kurz vor den Strand auf dem Board zu stehen und mit der Welle zu surfen. Beide hatten unglaublich viel Spaß. Uns bereitete schon das Zuschauen ein mulmiges Gefühl, denn die Wellen wurden immer höher und während des Hinauslaufens verschwanden ständig Beide im Wellental und die Boards schlug es mitunter senkrecht gen Himmel. Johanna gab nach gefühlten 2 Stunden auf, ihre Kraft war am Ende. Felix probierte noch weiter und weiter.

Anschließend taten wir das, was man am Hot Water Beach tut: man buddelt sich in der Zeit von 2 Stunden vor und nach Niedrigwasser mit einem Spaten ein Loch im Sand und setzt sich hinein. Heiße Quellen unter dem Strand füllen dann diese Gruben mit mehr oder minder heißem Wasser. Ein ganz privates Spa-Erlebnis ist das Ziel des ganzen Grabens. Herrlich!

09.03.2020 Ohope Beach, NZ -> Hot Water Beach, NZ

Schade, aber die andere deutsche Familie wollte leider schon von Ohope Beach aufbrechen, um ca. 240 km nordwärts auf die Coromandel-Halbinsel zu fahren. Johanna bat daher auch, mit dem gleichen Ziel weiterfahren. Und wir, wir taten natürlich, wonach die Kleinste der Familie verlangte, obwohl wir noch so gern länger den immer rauchenden Vulkan White Island in der Ferne beobachtet und den Strand genossen hätten.

Noch dazu hatten wir an einem solch langen Fahrtag ein drittes Kind im Auto. Gegen Ende der langen Fahrt wünschten wir zwei Großen uns nur noch sehnlichst ein Ankommen. In strömendem Regen erreichten wir dann gegen 19.00 Uhr Hot Water Beach.

08.03.2020 Rotorua, NZ -> Ohope Beach, NZ

Und wieder einmal verbrachten wir den halben Vormittag mit Packen eines Rücksendekoffers. Aber da heute Sonntag ist, konnten wir das Paket nicht auf die Reise nach Hause schicken. Morgen ist ja auch noch ein Tag!

Der doch sehr intensive Schwefelgestank hat uns gleich nach dem Frühstück zum Aufbruch blasen lassen und uns quasi vom Campground getrieben, obwohl hier eine kostenlose Nacht auf uns gewartet hätte. Aber in Ohope Beach wartete stattdessen wieder die fünfköpfige deutsche Familie von Johannas Freundin.

Wir wollten nur noch schnell einen richtigen Kiwi-Vogel sehen. In Rotorua hatten wir dazu in einem Nachtkiwihause die Chance. Ich hätte nie gedacht, daß Kiwis solch große Vögel sind (ca. 40 – 50 cm hoch und ebenso lang). Besonders erstaunlich fand ich, daß die Kiwi-Eier ca. 20% der Körpergröße des Muttervogels ausfüllen. So ein Kiwi-Ei mißt ungefähr 12 cm! Kiwi-Vögel sind recht selten in Neuseeland und wenn überhaupt, dann nur nachts zu sehen. Und da wir leider die Chance in Käpiti aufgrund Unwissenheit verpassten, nachts auf Kiwi-Tour zu gehen, war die einzige Möglichkeit, diese Tiere in Gefangenschaft zu beobachten.  Wenigstens die Gehege waren wunderschön eingerichtet und recht groß.

Auf der Fahrt nach Ohope Beach las ich meiner Familie von einer Bootstour zu einem von Neuseelands noch aktiven Vulkanen vor, die jedoch lt. Lonely Planet als völlig harmlos vorgestellt wurde. Als wir jedoch vor Ort erfuhren, daß es sich bei der Vulkaninsel um White Island handelte, wo erst letzten Dezember bei einem Ausbruch ca. 20 Menschen ihr Leben verloren, entschieden wir, die Rauchwolken doch lieber nur aus der Ferne zu beobachten. Unser derzeitiger Stellplatz bietet dafür hervorragende Möglichkeiten. Wir stehen unmittelbar hinter einer kleinen Düne mit Blick auf Meer und Vulkaninsel.

07.03.2020 Rotorua, NZ

Der Schwefelgestank Rotoruas kriecht selbst durch jede Ritze unseres Wohnmobils und so versuchten wir heute noch lange, nicht die Tür zu öffnen. Als dann irgendwann aber doch der neue Tag unwiderruflich anbrechen sollte, entschieden wir uns aufgrund des Geruchs, nicht auf dem Campground zu frühstücken. Aber auch in Rotoruas Innenstadt war der Schwefelgeruch stärker als der des gebratenen Schinkens auf unseren Tellern. Wir streuselten noch ein bißchen durch die Geschäfte und fuhren anschließend zu den Redwoods. Das sind sehr hohe Baumriesen. Um die Baumspitzen zu sehen, muß man den Kopf weit in den Nacken legen. Felix und Johanna entschieden, das das auch nur Bäume wären. Trotzdem gefiel ihnen der anschließende Waldweg sehr gut. Und immer wieder versuchten auch besonders hohe Baumfarne den Weg ans Licht zu finden und zauberten eine Art Dinosaurierwald unter die Baumriesen.

Johanna zeigt immer wieder sehr großes Interesse an den Maoris, über die man in Neuseeland recht wenig erfährt, obwohl selbst die Nationalsprache Maori ist. Deshalb entschieden wir am Abend noch ein Maoridorf mit doch recht touristischer Aufführung zu besuchen. 

06.03.2020 Taupo, NZ -> Rotorua, NZ

Wir waren zu fünft unterwegs! Johannas Freundin stieg bei uns zu und wir erkundeten mit ihr gemeinsam Orakei Ko.., ein Geothermalgebiet. Wunderschöne Farben, ein allgegenwärtiges Zischen und Dampfen sowie ein steter Schwefelgestank begleiteten uns. Ziemlich verwunderlich war, daß es unmittelbar in dieser dampfenden heißen Welt Leben gab: vereinzelte kleine Pflanzen und Algen kämpften sich durch entlang der Sinterterassen sowie Vogelbabies des Fantails flatterten aufgeregt durch die Schwaden einer Höhle.

Am Abend mußten wir uns leider von unserem Tagesgast verabschieden, da wir dieses Mal nicht den gleichen Campground bewohnten. Kurz vor diesem Abschied stießen allerdings noch Segelbekannte aus Deutschland zu uns. Welch ein Zufall! Vor mehr als einem halben Jahr verabschiedeten wir uns nahe der Ostsee, um uns jetzt in Neuseeland unverhofft wiederzutreffen.

05.03.2020 Taupo, NZ

Johanna hat mal wieder eine Freundin gefunden. Gemeinsam machten sie heute Vormittag so lange den Campground unsicher, dass unser Erlebnistag gemeinsam mit der naderen Familie erst gegen 13.30 Uhr beginnen konnte. Aber das war gut so, denn Johanna war einfach nur glücklich. Zu neunt liefen wir dann den 3 km-langen Huka Falls Walkway entlang.

Diese Wasserfälle sind vielleicht nicht gerade hoch, dafür aber umso imposanter. Felix, der schon vorgelaufen war, erzählte, dass er sogar ein Jetboot die Huka Falls hinterfahren sah.

Als wir den Weg wieder zurück liefen, stoppten wir an natürlichen Hot Springs, die als kleine Wasserfälle aus dem Vulkangestein sprudelten und ein himmlisch warmes Badevergnügen als natürliche Spa-Landschaft boten.

04.03.2020 Ohakune, NZ -> Taupo, NZ

Da hatte ich gestern Abend doch tatsächlich noch Wäsche auf dem Campground aufgehängt und keinesfalls damit gerechnet, daß in der Nacht Sturzbäche vom Himmel schossen. Der ganze Regen hielt noch bis gegen Mittag an, weshalb wir den Tag wieder einmal für homeschooling nutzten. Im Anschluß daran fuhren wir nach Taupo, wo wir eine andere weltreisende deutsche Familie zum zweiten Mal trafen, deren älteste Tochter sich hervorragend mit Johanna verstand. Bis gegen 23.00 Uhr hockten die Mädels erst im Pool und später gemeinsam in der Dusche des Campgroundes. Außenstehende hörten die ganze Zeit nur ein Kichern aus der Dusche dringen.

03.03.2020 Ohakune, NZ

Gestern Abend/ Nacht beäugte uns doch tatsächlich noch ein Possum/ Opossum aus luftiger Höhe vom Baum aus. Nahezu jedes hier in Neuseeland verkaufte Schafwollprodukt wird beworben, dass es zum Teil aus Possum mit besteht. Nun ist dieses niedliche Tier aber im Vergleich zu einem Schaf wesentlich kleiner (ca. Katzengröße) und hat nur kurzes Fell. Wie also davon ein Teil des Fells verstrickt wird, ist mir gänzlich unklar. Schließlich besteht ein Pullover ja auch nicht zum Teil mit aus Katzenfell. Die Possums gelten hier jedoch als Ungeziefer analog unserem Waschbär und werden tausendfach gejagt und getötet. Allein auf Kapiti Island wurden über 22.000 Possums getötet, um den dortigen Vogelbestand nicht zu gefährden. Kapiti Island ist gerade mal 10 km lang und 2 km breit! Auf jeden Fall war unser nächtlicher Besucher noch quietschlebendig und wir hoffen, dass er auch diese Nacht wieder den Campground unsicher macht. Eine Gefahr für den Menschen geht von ihm wohl nicht aus.

Heute früh hieß es wieder, sich einigermaßen zeitig von den Bettfedern zu trennen, um durch die doch entstandene Verspätung in einer Höllenfahrt nach Pipiriki zu düsen. Die Kurven wollten kein Ende nehmen und alles, was nicht komplett festgelascht war, fiel kreuz und quer durchs WoMo. Irgendwann breitete sich auf dem Fußboden auch ein dünnes Flüssigkeitsrinnsal vom Kühlschrank ausgehend aus. Als Felix nachschaute, kam ihm der Salatrest von gestern Abend entgegengeschwebt und er verbrachte die restliche Fahrt im hinteren Teil des WoMos, um Salatschüssel, Topffach, Jackenfach und Küchenpapierrolle vorm weiteren Aufgehen, Auslaufen bzw. Aufrollen zu bewahren. Mit 5 Minuten Verspätung kamen wir ziemlich atemlos am Ziel an. Unser Skipper wartete schon auf uns. Er sollte uns den schönsten Fluss Neuseelands per Jetboat flußaufwärts bringen. Gespickt mit einigen 360 Grad Drehungen wurde diese 35 km lange Fahrt fantastisch, naß und rasend schnell. Der befahrene Whanganui-River gräbt und windet sich durch eine tiefe Schlucht mit ca. 50 m hohen steilen Wänden, die zunächst mit Moos und später mit üppiger Vegetation bewachsen sind. Zu den von zu Hause bekannten Flußauen, war dieses Erlebnis eher komplett konträr, aber wunderschön. Ich hatte mir diese Flußfahrt schon während unseres ersten Aufenthaltes auf der Nordinsel ausgesucht. Damals konnten wir jedoch aufgrund eines Waldbrandes nicht nach Pipiriki gelangen.

Das Ende der Flußfahrt bildete ein 40 minütiger Bushwalk zur Bridge to Nowhere. Diese Steinbrücke ist schweinbar nur für einen Wanderweg über einen kleinen Fluß (Mangapurua Stream, einenm Seitenarm des Whanganui) aus dem Bush kommend und in den Bush weitergehend, gebaut. Die eigentliche Geschichte der Brücke, hängt jedoch mit der Geschichte der Siedler dieses Gebietes zusammen. So lebten in dieser Gegend 40 Familien, die ihre Schafwolle zum Whanganui bringen mußten, um diese später in die Stadt Whanganui zum Verkauf zu verschiffen. Als die Brücke ca. 1930 fertig war, lebten nur noch 3 der ursprünglich 40 Familien in dieser Gegend, die die Brücke nutzten. Heute wird der Wanderweg ebenfalls als MTB-Strecke genutzt.

Als wir wieder an der Anlegestelle ankamen, nahm unser Jetboat noch einige MTB-Radler inkl. deren Räder mit an Bord, um den Rückweg anzutreten.

Nach 25 Kilometern ließen Johanna, Felix und ich uns auf einer „Sandbank“ bestehend aus großen Steinen ausladen, um in die bereitliegenden Paddelboote umzusteigen und die letzten 10 km damit zurückzulegen. Das war nun der eigentliche Höhepunkt des Tages. Aufgrund seines Armes konnte Micha leider nicht mit paddeln und blieb stattdessen im Jetboat sitzen.

Wir drei starteten frohen Mutes und überlegten, wie wir die bevorstehenden 5 Stromschnellen überwanden. Die erste Stromschnelle schien die gefährlichste zu sein: „fifty fifty“. Der Name benennt aber nicht die ganze Wahrheit. Da der Whanganui momentan aufgrund der lang anhaltenden Trockenheit extrem wenig Wasser führt, liegt die Kenterrate bei derzeit 100%.

Also entschieden wir uns lieber für ein Tragen/ Ziehen der Boote über die Steinbank. Wir waren in zwei Booten unterwegs: Johanna und ich in dem einen Boot und Felix in dem Anderen. Das Umtragen gestaltete sich jedoch wesentlich schwerer als gedacht. Aufgrund der niedrigen Wassertiefe mußten wir noch einige Meter vor der Steinbank aussteigen und das Boot ziehen. Die Steine unter Wasser waren aber stark mit Algen bewachsen und daher extrem glitschig. Felix kam uns Mädels sofort zuhilfe geeilt, als er sein Boot sicher über die Steinbank gezogen hatte. Er nutzte dann aber doch noch die halbe Stromschnelle aus, um Fahrt aufzunehmen und Spaß zu haben, während wir Mädels die Stromschnelle komplett umgingen. Dieses Prozedere wiederholten wir bis zur letzten Stromschnelle. Die Paddelstrecken zwischendurch waren wunderschön. Johanna und ich entdecken sogar einen Eisvogel, während Felix Maori-Felszeichnungen fand. In einer passierten Grotte hörten wir tief im Inneren einen Wasserfall rauschen, trauten uns aber nicht anzulanden, da wir nach 2 Stunden wieder in Pipiriki erwartet wurden.

Gerade, als wir die letzte Stromschnelle zu Fuß umrundeten, hielt ein Jetboat und sammelte uns ein. Die Paddelboote sollten wir auf der Steinbank zurücklassen. Wir protestierten zunächst und wollten gern selbst das Ziel erreichen. Aber der Jetboatfahrer signalisierte uns, daß die letzte Stromschnelle bis zur Anlegestelle Pipiriki geht und nicht watend zu durchqueren ging. Also fügten wir uns in unser Schicksal und stiegen um. Und richtig, diese Stromschnelle hätten wir nicht bewältigen können. Glücklich und wohlbehalten nahm uns Micha an der Anlegestelle in Empfang und hatte sich auch schon mächtig Sorgen wegen dieser letzten Stromschnelle um uns gemacht. Unser Jetboatskipper, der uns den Whanganui aufwärts gefahren und mit den Paddelbooten ausgeladen hatte, wollte gerade zu einer Kontrollfahrt aufbrechen, um uns ggf. zu retten, da wir uns bereits 15 Minuten verspätet hatten. Klasse, Danke!

Für uns drei war das ein wunderschönes Abenteuer. Wir würden es jederzeit wiederholen. Obwohl in den letzten Tagen der Familienfrieden ab und zu schief hing, hat sich auf den Steinbänken unser Zusammenhalt bewiesen.

Viele Paddler befahren den Whanganui in 5-7 Tagen komplett. Irgendwann wollen wir wieder Neuseeland besuchen und dann vielleicht diese Flußfahrt mit einbinden.

02.03.2020 Ohakune, NZ

Ausschlafen, Frühstück und langer Schwatz mit einer Berliner Familie auf Weltreise. Johanna hatte gestern auf der Fahrt kurz am Ortseingang von Ohakune einen Gemüsespielplatz entdeckt, wo sämtliche Spielplatzgeräte als Wurzelgemüse aufgebaut sind. Da wollte sie unbedingt hin.

Und wieder wanderten wir auch an diesem Tag. Zwar nur eine kleine Tour durch den Wald zu einem Wasserfall am Mt. Ruapehu, aber wir waren unterwegs.

01.03.2020 Paekakariki, NZ -> Ohakune, NZ

Für unsere Verhältnisse mussten wir heute extrem früh aufstehen, um pünktlich am Check In der Fähre nach Kapiti Island zu stehen. Ich hatte diesen Tipp erst vor 2 Tagen in unserem Lonely Planet Reiseführer entdeckt und schnell noch auf der Fähre von Picton nach Wellington gebucht. Die Touren auf diese einzigartige Vogelinsel sind auf 100 Menschen pro Tag limitiert und erfreuen sich großer Beliebtheit.

Nachdem wir am Check In unsere Taschen penibel auf einzuschleppende Samen, Tierreste oder Insekten durchsuchen sollten, ging es an den Strand, um dort auf die Fähre (ein kleiner Alu-Motorkatamaran) zu warten. Zwiscchendurch galt es noch unsere Schuhe mittels chemischer Lauge zu säubern. Dass war ziemlich witzig, da wir bereits am Strand standen, in ein Laugenbad treten mußten, um dann an den eben verlassenen Strandfleck zurückzukehren. Der Sinn erschloss sich uns nicht zu 100%.

Kurze Zeit später liefen wir am Strand die Gangway unseres Bootes hoch und wurden wieder mal per Traktor samt voll belandenem Boot ins Wasser gezogen. Ca. 30 min später landeten wir auf Kapiti Island an. Die Insel war wohl der 3. in Neuseeland geschaffene Nationalpark und ist heute Vogelschutzgebiet. Insgesamt 66 verschiedene Spezies leben dort, wobei wir ca. 12 sahen.

Leider wußte ich nicht, daß auch eine Übernachtung auf dieser Insel möglich gewesen wäre wobei wir eine Chance gehabt hätten, die nachtaktiven Kiwis in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen. So machten wir eben nur eine wunderschöne Tagestour, erklammen den Inselberg und wurden die ganze Zeit von wunderschönem Vogelgesang begleitet. Am schönsten klang dabei der blaue Tui mit seinen weißen Kehlkopffedern.

Die witzigsten Gesellen waren die North Island Robins (ca. 10 cm hoch, 10 cm lang, 10 cm dick).

Während des Mittagessens in der hiesigen Lodge begegneten wir mal wieder Pinguinen. Die Kleinen Blauen (Little blue Penguins) sind ebenfalls, wie die Kiwis, eher nachtaktiv und versteckten sich hier tagsüber unter den Dielen der Veranda, geschützt unterm Fußabstreicher. Da Johanna so interessiert, an den kleinen Kerlchen war, hob die Lodgebesitzerin kurz den besagten Fußabtreter an und ließ Felix per Handy drunter schauen. Und da waren sie, zwei kleine blaue Pinguine, die sich zusammenkuschelten und kurz Felix‘ Handy per Schnabel inspizierten. Ja, und dann wurden während des Mittags doch tatsächlich noch Wasserpistolen verteilt. Nicht für die anwesenden Kinder zum Spielen, sondern zum Abwehren der Inselpapageien, der Kaka. Johanna und ich entdeckten völlig euphorischen einen Kaka während der Wanderung, während wir beim Aufgang zur Lodge regelrecht von Einem attakiert wurden.

Die Kaka suchen alles Eßbare und rücken wohl selbst bis zum Teller vor (deshalb auch die Wasserpistolen). Ansonsten schlichen während der Wanderung sowie an der Lodge ständig Wekas (in unseren Augen eine Art Huhn) um uns herum. Diese „Hühner“ gelten als Ratten unter den Vögeln, schleichen immer näher an den Menschen oder abgelegte Taschen heran bis man eine plötzliche Bewegung macht, und sie verschwinden augenblicklich im Unterholz. Verrückte Viecher!

Als wir am Nachmittag per Bootsshuttle wieder zurück auf der Hauptinsel waren, war Johanna wieder mal total traurig, als Kind eine Schwimmweste anziehen zu müssen, während die Erwachsenen eine solche nicht brauchten. Sie kann da so richtig wütend werden. Und wenn die notwendige Schwimmweste dann noch eine Feststoffweste ist, kann es schlimmer kaum werden.

Anschließend fuhren wir noch 3 h bis Ohakune. Unsere Tage auf Neuseeland sind langsam gezählt und wir müssen wieder nach Auckland zurück.